Erreichbarkeit der Mitarbeiter – Wie weit darf ich als Chef gehen?

Heutzutage ist es nichts Neues mehr, dass fast jeder zu beinahe jeder Zeit immer und überall erreichbar ist. Durch die vielen Kommunikationsmöglichkeiten wie Telefon, SMS, Internet und so weiter kann eine Kontaktaufnahme beinahe uneingeschränkt stattfinden. Doch wie weit darf man als Chef gehen und den Arbeitnehmer in seiner Freizeit mit Arbeitsdingen belästigen? Muss ein Arbeitnehmer heute praktisch immer im Dienst sein, auch wenn er sich nicht mehr im Büro aufhält?

Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen fordert, dass es ein Gesetz geben müsse, das die Erreichbarkeit der Mitarbeiter klar regelt. Eine ähnliche Position ist auch aus Gewerkschaftskreisen zu hören. Denn immerhin haben Arbeitnehmer das Recht, in ihrer Freizeit auch wirklich frei und nicht mehr ständig an das Büro und die Arbeit gebunden zu sein. So sollten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern klare Ruhezeiten gönnen, in denen keine geschäftlichen E-Mails beantworten werden müssen. Dies soll dazu führen, dass die Mitarbeiter entspannen und abschalten können. Letztlich käme dies auch dem Arbeitgeber zu Gute, da die Mitarbeiter unter solchen Bedingungen vermutlich zufriedener wären. Permanente Erreichbarkeit kann also auch durchaus für den Chef seine Nachteile haben.

Genau genommen gibt es im Arbeitsrecht bereits eine grobe Orientierung darüber, wann die Mitarbeiter für den Chef erreichbar sein sollten und wann nicht. Betriebe können auch individuell Zeiten festlegen, in denen die Mitarbeiter auch Zuhause mit geschäftlichen Dingen konfrontiert werden dürfen. Allerdings gilt diese Zeit als Arbeitszeit und muss, beispielsweise über eine Überstundenregelung, vergütet werden. Auch die Art der Erreichbarkeit kennt seine Grenzen. So kann der Arbeitgeber nicht verlangen, private Handynummern seiner Angestellten zu bekommen. Wurden Firmenhandys ausgegeben, müssen diese – streng genommen – nur in der normalen Arbeitszeit eingeschaltet sein. Andernfalls müsste theoretisch wieder die Regel greifen, dass man arbeitet, weil man die Bereitschaft zeigt, jederzeit erreichbar zu sein und dann auch auf Anrufe, E-Mail-Anfragen und Ähnliches zu reagieren.

Natürlich sieht das in der Praxis oft anders aus. Besonders in höheren Positionen erlauben es sich viele Mitarbeiter nicht, von ihrem Recht auf Freizeit und Nicht-Erreichbarkeit Gebrauch zu machen. Sie fürchten um ihre Jobs oder zumindest um das Ansehen in der Firma. Doch Arbeitgeber sollten aufpassen und diese Bereitschaft nicht zu sehr ausnutzen. Rechtlich gesehen, können sich Arbeitnehmer gegen die ständige Erreichbarkeit und Anrufe außerhalb der eigentlichen Arbeitszeiten sogar wehren. Die größten Aussichten auf Erfolg haben diese Prozesse, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund des permanenten Stresses und Drucks nachgewiesen werden können.

Samstag, 4. August, 2012